Die Muskete (vom lat.: Musca, davon ital. und span.: Mosca oder Muscidae; die Fliege, als Sinnbild für eine wesentlich kleinere und somit deutlich leichtere Art der mittelalterlichen
Rohr-Waffen, daraus span.: "Mosquete", franz. und ital.: "Mousquet" als Eigen-Name) ist eine Schuss-Waffe aus dem Bereich der Nahbereichs-Waffen, Klasse der frühen
Feuer-Waffen, Ordnung der
Hand-Feuer-Waffen, Kategorie der kolben-schaftigen
Hand-Rohre, Gruppe der einschüssigen, glatt-läufigen
Vorderlader (siehe dazu auch Kategorisierung der Waffen), System Lunten-, Rad- oder Stein-Schloss-Zünder, dann Perkussions-Schloss-Zünder (siehe dazu
Schloss-Systeme), zu deren Wirkung ein
Projektil und eine abgemessene Menge
Schwarzpulver als
Treibladung Bedingung ist.
Grund-Modell der Muskete ist die zu Beginn des 16. Jahrhunderts wohl in Frankreich und in den Niederlanden entwickelte Arkebuse, aus der ab Mitte des 16. Jahrhunderts wohl in Spanien und Frankreich Gewehre mit zunehmend längeren Lauf, größerem Kaliber und damit auch höherem Gesamt-Gewicht entwickelt wurden (wobei die Übergänge fließend sind). Aufgrund der damit einhergehenden Steigerungen von
Geschoss-Gewicht und benötigter Pulver-Menge wurde die Waffe im deutschen Gebiet anfänglich umgangssprachlich auch als "Ganzer Haken" (siehe dazu
Haken-Büchse bezeichnet.
Immer effektiviere Methoden in der Serien-Fertigung, mit denen nicht nur deutliche Senkungen von Kosten und Preisen einhergingen, sondern auch die Produktion von qualitativ immer besseren Modell-Reihen möglich wurden, unterstützten die Verbreitung der Muskete, die mehr und mehr die klassischen Stangen-Waffen der frühen
Massen-Heere verdrängten. Ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts war die Muskete
Standart-Bewaffnung der
Infanterie aller europäischen Armeen. Die Kurz-Form für die
Kavallerie wurde
Mousqueton bzw. Karabiner bezeichnet. Eng verwand ist das
Tromblon bzw. die Trombone.
Obwohl noch im amerikanischen Bürgerkrieges (1861 – 1865) massenhaft im Gebrauch, wurde die Muskete im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts von den
Hinterladern verdrängt. Als technischer Nachfolger gilt das preussische
Zündnadel-Gewehr M 1841.
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Musketen aus drei Jahrhunderten (Montage); oben: amerikanische Perkussions-Muskete "Springfield M 1861", mittig: französische Steinschloss-Muskete "Charleville M 1717", unten: Suhler Lunten-/Radschloss-Muskete um 1600.
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Vorläufer: |
Arkebuse
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Nachfolger: |
sämtliche
Hinterlader
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Die Muskete ist eine zur Mitte des 16. Jahrhunderts eingeleitete spanisch-französisch-englische Weiter-Entwicklung der von den
Rittern geächteten Arkebuse, die erstmals 1567 in Spanien erwähnt wurde. Nach der historischen Überlieferung unterschied sich die Muskete zum Zeitpunkt ihrer Einführung von der Arkebuse durch ein größeres Kaliber und einen wesentlich längeren Lauf, was Gewehre dieser Art primär schwerer machte. Ungesehen rückten Musketen damit wieder in die Nähe der gewichtigen wie ebenso veralteten
Haken-Büchsen und erweckten so den Eindruck einer unhandlichen, mehr der schwer beweglichen
Artillerie zuzuordnenden Waffe, was durch die im deutschen Raum anfänglich gebräuchliche Bezeichnung "Ganzer Haken" noch unterstützt wurde (verschoss die Haken-Büchse Kugeln mit einem Gewicht von rund vier Lot Blei, feuerte der "Ganze Haken" dem entsprechend Kugeln zu etwa 60 Gramm Blei; siehe dazu
Gewichte und Einheiten) und wiederum Grund dafür ist, dass die Einführung bzw. die Akzeptanz dieses innovativen
Feuer-Waffen-Typs bei den damaligen
Schützen von großen Vorbehalten gekennzeichnet war.
Eine "Marketing-Strategie", die die Waffe populär machen sollte, musste her...
Etymologisch ging der Begriff "Muskete" aus einem Sinnbild hervor, das eine deutliche Abgrenzung von den schweren und überschweren
Rohr-Waffen vermitteln sollte: Im Mittelalter und noch in der frühen
Neuzeit war es üblich, Waffen im allgemeinen Sinne bzw. als Einzel-Stück (bspw.
Schwerter und
Geschütze) aber auch
Waffen-Gattungen (bspw.
Dragoner) Namen zu geben, mit denen sich bildliche Vorstellungen verbinden ließen. Die deutsche Bezeichnung "Muskete" ist eine sprachliche Abschleifung der französischen bzw. italienischen Benennung "Mousquet", die wiederum von der spanischen "Mosquete" abgeleitet wurde. Dieses Kunst-Wort lehnt sich an den spanischen Begriff "Muscidae" (dt.: Fliege; vom lat.: Musca) an und schafft aufgrund des kleinen, schnellen Geschosses somit die Assoziation eines leichten, schnellen, überall verwendbaren Waffen-Typs. Eine andere Deutung leitet die deutsche Bezeichnung "Muskete" aus dem französischen Begriff "Mouchet" (eigentlich "Emouchet" eine Sperber-Art; korrekt "Faucon", der Sperber) ab. Die dann folgenden Herleitungen (von lat.: Muchetus) sind jedoch nicht nachvollziehbar und blenden die spanischen Ursprünge komplett aus. Die Bezeichnung "Muskete" ist somit nichts mehr als ein geschickt gewählter "Marken-Name", der ein grundsätzliches Gefühl vermitteln sollte und ab Mitte des 17. Jahrhunderts allgemeine Bezeichnung für die
Hand-Feuer-Waffen wurde, die mehrheitlich als
Vorderlader durch die Lauf-Mündung geladen werden und in der Regel den lang-läufigen,
flinten-artigen Gewehren zugeordnet werden (wobei zur Mitte des 19. Jahrhunderts im anglo-amerikanischen Raum auch sogenannte "Rifled-Musket´s" aufkamen und schnelle Verbreitung fanden; lang-läufige Vorderlader-Gewehre mit gezogenen Läufen).
Entwicklungs-historischer Hintergrund der Muskete war das währende Bestreben der
Büchsenmacher bzw. die Forderung der Schützen, die Treff-Genauigkeit und vor allem die Durchschlagskraft samt der
effektiven Reichweite gegebener Hand-Feuer-Waffen deutlich zu erhöhen. Nach Auffassung der meisten damaligen Büchsenmacher ließen sich diese Kriterien nur durch die Verlängerung der Läufe und die Vergrößerung des
Kalibers erreichen, wobei die damit einhergehende Zunahme des Gesamt-Gewichts durch leichtere Schäfte und eine Verringerung der Masse des Kolbens etwas ausgeglichen werden konnte, was wiederum der Forderung der Schützen nach leichteren Schuss-Waffen entgegen kommen sollte.
Trotz allen Bemühungen waren die ersten Musketen im wahrsten Sinne "schwere" Feuer-Waffen: Bei einem Kaliber um etwa zwanzig bis dreißig Millimeter (in der Regel auf Grundlage der damals geltenden "Zoll"-Maßstäbe; siehe dazu Maße und Einheiten), wogen die rund zwei Meter langen Stücke zwischen sieben bis acht, in Einzel-Fällen über zehn Kilo. Freihändig konnte man derart schwere Waffen nicht anlegen. Und obwohl beinahe sämtliche Musketen des späten 16. Jahrhunderts über ein Schnapp-Bügel- oder Schnapp-Hahn-Schloss verfügten (siehe dazu
Schloss-Systeme), war ein halbwegs sicherer Schuss ohne stabilisierende Stütze bzw. stützenden "Bock" nicht möglich. Aus diesem Grund führte der Schütze zusätzlich zur erforderlichen
Munition (siehe dazu auch
"Apostel") und diversen Gerätschaften der Wartung und Pflege, persönlicher Ausrüstung und sonstiger
Bewaffnung eine Stütz-Gabel mit sich, auf die er die Waffe zum "Zielen" und Schießen auflegen konnte. Und da die im Vergleich zur Arkebuse überlangen Gewehre auch schlecht zu Pferd transportiert werden konnten; eine mit den
Arkebusier-Reitern vergleichbare Handhabung im Sattel weitestgehend ausgeschlossen werden kann, ist es naheliegend, dass sich die
Söldner, die sich für einen
Feldzug als erste
"Musketiere" hatten werben lassen, zusammentaten und für den Transport ihrer Waffen Fuhrwerke verwendeten, die auch die für eine provisorische Reparatur nötigen Werkzeuge samt einen Büchsenmacher oder Schäfter und einen Mindest-Vorrat an Munition aufnehmen konnten.
Die Auseinandersetzungen um den "rechten Glauben" in Mittel-Europa -, die Kämpfe im Rahmen des
englischen Bürgerkriegs (1642-1651) -, vor allem aber die Erfindung und Verbreitung des Feuerstein-Schlosses verhalfen der "neumodischen" Waffe zum Durchbruch. Infolge von Unachtsamkeiten beim Laden der Lunten- oder Bügel-Schloss-Waffen zündeten Stücke mit derartigen Mechanismen häufig ungewollt, was für die frühen Arkebusiere und die ersten Musketiere schwerwiegende Folgen haben konnte. Auch war die für das Zielen und Schießen erforderliche Aufmerksamkeit durch einen steten Seiten-Blick auf die Lunte eingeschränkt, die zum Zünden bzw. für das Abfeuern der Ladung entweder manuell auf das Zünd-Loch aufgebracht werden oder im Bügel ausgerichtet sein musste. Diesbezüglich war bereits die Erfindung des spannbaren, arretierenden Schnapp-Schlosses ein erheblicher technischer Fortschritt. Mit dem bald aufkommenden Feuerstein-Schloss war auch das Problem der langsam aber stetig glimmenden Lunte gelöst, was nicht nur die Lade-Prozedur erheblich beschleunigte sondern auch das Zielen und Schießen deutlich vereinfachte. Und hatte man um 1550 noch nach einen Namen für den neuen Waffen-Typ gesucht, suchte man fünfzig Jahre später nach effizienteren Herstellungs- und Vertriebs-Wegen...
Obwohl die Muskete zum Ende des 16. Jahrhunderts in sämtlichen europäischen
Heeren Bekanntheit erlangt hatte, waren derartige Stücke in Händen einfacher Schützen noch eine Seltenheit, was weniger an den vorgenannten Gründen sondern an den hohen Fertigungs-Kosten und "schwer wiegenden" Anschaffungs-Preisen lag: Die Waffen, deren lange Läufe besonders aufwendige und präzise Fertigungs-Methoden und dementsprechend neue Gerätschaften erforderlich machten, wurden zwar gleich den Arkebusen überwiegend als Einzel-Stücke in entsprechend teurer Hand-Arbeit gefertigt, doch stand der Verkaufs-Preis einer Muskete in keiner Relation zu den inzwischen als Massen-Ware relativ günstig angebotenen "konventionellen" Arkebusen. Beide Waffen-Arten erfuhren zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert eine zunehmend elegantere Form-Gebung, die sich u.a. an der immer deutlicheren Abwärts-Neigung des Kolbens -, der Ausprägung des Kolben-Halses samt der Herausbildung von Kolben-Nase und der Aussparung des Daumen-Griffes verfolgen lässt. Höhepunkt der Schaft-Bearbeitung waren die Aussparungen der sogenannten Kolben-Backen, die Ausarbeitung des Kolben-Halses zum Pistolen-Griff und die Einwölbung der Schaft-Kappe; praktische Details, die auf das Anlegen der Waffe abgestimmt waren und noch heute optisches Merkmal der Büchsen sind. Darüber hinaus ermöglichten immer leistungsstärkere Maschinen und Werkzeuge zur Lauf-Bohrung und vor allem neue Erkenntnisse in der Veredlung des Schmiede-Eisens die Produktion qualitativ besserer, druck- und bruch-festerer Läufe, die bei gleichzeitiger Verringerung von Lauf-Länge und Kaliber auch dünnwandiger und somit wesentlich leichter wurden. Im Ergebnis sämtlicher Gewichts-Reduzierungen wog die Muskete des ausgehenden 17. Jahrhunderts nur noch fünf bis sieben Kilo, womit auch auf den hinderlichen Gabel-Stock verzichtet werden konnte, maß zwischen hundertsechzig und hundertvierzig Zentimeter Gesamt-Länge und wies ein durchschnittliches Kaliber zwischen fünfzehn bis zwanzig Millimeter auf.
 Schloss-Systeme (Montage); von oben nach unten: ♦ deutsches Rad-Schloss um 1600 ♦ englisches Feuerstein-Schloss, "Brown Bess" (Long Land Pattern) ♦ französisches Perkussions-Schloss der M 1822 ♦ preussisches Zündnadel-Schloss der M 1841 (erster Hinterlader)
Um die Produktion und den Absatz größerer Serien möglich zu machen, schlossen sich mehr und mehr Büchsenmacher zu Innungen zusammen. Die einzelnen Betriebe stimmten Maße und Formen erforderlicher Komponenten miteinander ab oder spezialisierten sich auf die Herstellung einzelner Teile, was die Produktion effektiver machte. Die Einführung von verschiedensten Prüf- und Qualitäts-Kriterien machte nicht nur das jeweilige Produkt vergleichbar: Die Prüf-Siegel zeichneten die Waffe aus, warben für den jeweiligen Meister und verschafften der Produktions-Stätte Bekanntheit. Und schon seit der Antike hatten sich geschäftstüchtige Waffen-Schmiede die Gunst der jeweils herrschenden Instanzen durch "kleinere" Geschenke erschlossen, in deren Folge sich goldenes Steuer-Geld in eisernes Rüst-Zeug wandelte. Spieß-Knechte waren zu
Pikenieren und
Hellebardieren geworden, Ritter hatten diverse Teile ihrer
Rüstungen abgelegt und nannten sich
Kürassiere, und die Arkebusiere waren samt ihren namens-gebenden Kurz-Gewehren auf das Pferd umgesattelt und schufen als Arkebusier-Reiter bald die Waffen-Gattung der Dragoner, die zwar bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts als berittene bzw. schnell bewegliche Schützen noch der
Infanterie zugeordnet wurden, aufgrund der Pferde jedoch nicht mehr innerhalb eines
Schlacht-Haufens positioniert werden konnten. In den Reihen der Fuß-Truppen war eine Lücke entstanden, die es angesichts der gegnerischen Rüstungen umgehend aufzufüllen galt. Was lag da näher, als erst die
Arsenale -, dann die
Garden -, letztendlich das Heer mit der neuen "Wunder-Waffe" auszurüsten.
Die kleinen Geschenke der Büchsenmacher an die lokalen Autoritäten machten sich bezahlt...
Die sorgfältig gearbeiteten, unter Verwendung hochwertiger Rohstoffe und bemessener Legierungen gefertigten Prunk-Musketen und die reich verzierten, filigran gravierten, leichten und hübsch anzuschauenden Jagd-Musketen (damals den herrschenden Gewalten als Spiel-Zeug, Status-Symbol und Muster überlassen - heute Zierde jeder musealen Sammlung) hatten ihre höhere Reichweite und stärkere Durchschlagskraft -, ihre Zuverlässigkeit und vor allem ihre Treff-Genauigkeit in den Händen erfahrener
Hof-Jäger bereits bewiesen. Darüber hinaus konnte das technisch anspruchsvolle, unter den alltäglichen Beanspruchungen des militärischen Gebrauchs jedoch recht anfällige und somit unzuverlässig funktionierende Rad-Schloss, das gegenüber dem einfachen und billigen Lunten-Schloss keine massenhafte Verbreitung gefunden hatte, zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch das mechanisch einfache, pflege-leichte und robuste Stein- oder Batterie-Schloss ersetzt werden.
Die Erfindung des Feuerstein-Schlosses wird dem französischen Büchsenmacher Marin le Bourgeoys (um 1550–1634, siehe dazu WIKIPEDIA) zugeschrieben, der erste, zuverlässig funktionierende Waffen um das Jahr 1610 dem französischen König Louis XIII. (1601 – 1643, Regent unter Vormundschaft seiner Mutter Maria de´ Medici; 1575–1642) vorstellte und zum Geschenk machte. König Louis übernahm 1617 die Macht und errichtete bereits 1622 eine Leib-Garde-Kompanie, deren ausschließlich adelige Angehörige einheitlich die auf eigene Kosten zu beschaffenden Musketen als Haupt-Bewaffnung führten.
Die legendären "Musketiere des Königs" traten in die Militär-Geschichte.
Die Infanterie erhielt eine neue Waffen-Gattung; die Heer-Führer einen neuen Kosten-Faktor: Denn obwohl die ersten Musketiere wie alle Söldner des 16. und 17. Jahrhunderts ihre Waffen aus eigenen Mitteln finanzieren mussten, empfingen diese auf Grund ihrer kostspieligen Bewaffnung bzw. ihres höheren Kampf-Wertes doppelten oder gar dreifachen
Sold. Die Musketiere selbst, die sich zur Zeit noch mehrheitlich aus (verarmten oder illegitimen) Adels-Sprösslingen rekrutierten, wurden zur schillernden
Elite in den Heeren des Dreißigjährigen Krieges. Die wohl bald darauf ebenfalls in Frankreich aufkommende kürzere und somit leichtere Version für die
Kavallerie wurde Mousqueton (siehe dazu
Karabiner) genannt.
Die Arkebusen wurden in die Arsenale ausgemustert oder dienten noch übergangsweise zur provisorischen Bewaffnung von
Miliz- oder
Landwehr-Truppen.
Im größeren bzw. organisierten Stil kamen Musketen erstmals im englischen Bürgerkrieg zum Einsatz: Die infolge des sogenannten "Königlichen Staatsstreichs" (siehe dazu WIKIPEDIA) im Jahr 1642 errichtete Parlaments-Armee, aus der im Jahr 1645 die
"New Model Army" hervorging, verfügte neben einem Dragoner-Regiment zu zwölf Kompanien mit jeweils einhundert Dragonern, die ausschließlich mit Musketen bewaffnet waren, auch über insgesamt zwölf Infanterie-Regimenter zu jeweils zehn Kompanien, in denen die Musketiere in einem Verhältnis von zwei zu eins zu den Pikenieren inzwischen die Mehrheit stellten. Die für die hier geführten Musketen gebräuchliche Bezeichnung "Flintlock-Muskets" (engl.: Muskete mit Feuerstein-Schloss) wurde in abgeschliffener Form Lehnwort für die populäre deutsche Bezeichnung "Flinte", unter der man im deutschen Sprach-Raum anfänglich alle Arten von glattläufigen Hand-Feuer-Waffen einordnete und somit von den gezogenen Büchsen bzw.
Stutzen abgrenzte.
Mit der Errichtung der ersten
Stehenden Heere und dem Übergang vom Söldner zum
Soldaten infolge der Erfahrungen aus den europäischen Religions-Kriegen (insbesondere den Schwierigkeiten bei der Werbung und den verheerenden Folgen bei der Auflösung der Söldner-Heere) standen die einzelnen Potentaten vor der Konsequenz, nun auch im großen Stil für die Bewaffnung ihrer Streitmacht sorgen und vor allem aufkommen zu müssen. Europa-weit entstanden
Waffen-Manufakturen bzw. "Gewehr-Fabriquen", in der Regel unter königlicher bzw. landes-fürstlicher Hoheit. Genannt sein hier bsph. die
"Tower Armories" im
"Tower of London" (1414, reorganisiert 1683), die
"Suhler Innung" (1579), die russischen Waffen-Schmieden in
Tula (1597), später die
"Manufacture d'armes de Charleville" (1675), die "Königlich Preussische Gewehrfabrique" zu Potsdam und Berlin (1722), oder die
"National Armory" in Springfield, Massachusetts (USA).
Unterstützung fanden diese Werkstätten bzw. die Musketen-Schützen in dem sich entwickelnden und sich immer weiter spezialisierenden Feinmechaniker-Handwerk; insbesondere in den Uhrmacher- und Schlosser-Betrieben, die es schon im Dreißigjährigen Krieg möglich machten, die Mechanik beschädigter Schnapp-Schlösser in beinahe jeder größeren Ortschaft reparieren zu können. Auch belegen diverse Urkunden, dass Uhrmacher und Schlosser im Kriegs-Fall bzw. in regelmäßigen Abständen zum Dienst im nächst-gelegenen Arsenal verpflichtet und dort mit der Reparatur und Instand-Setzung schadhafter Musketen beauftragt waren bzw. werden konnten. Die praktische Ausführung dieser Aufgabe wurde jedoch dadurch behindert, dass es im 17. Jahrhundert kaum Musketen gab, deren Bau-Teile mit- bzw. untereinander kompatibel waren, was wiederum in der beinahe europa-weit praktizierten
Kompanie-Wirtschaft Begründung findet. Jeder einzelne Regiments- und/oder Kompanie-Chef erhielt neben dem an seine Untergebenen auszuzahlenden Sold einen festgesetzten Etat, der für die Anschaffung, Instand-Haltung oder Instand-Setzung der Feuer- oder Blank-Waffen vorgesehen war, jedoch nach Gutdünken der Kommandeure verausgabt werden konnte und somit von diesen als lukrative Neben-Einnahme gesehen wurde. Gekauft wurden somit nur wenige neue oder neu-wertige Stücke, vielmehr wurde billiger Ersatz eingehandelt, der oftmals zuvor von anderen Truppen ausgemustert worden war. Ergebnis dieser "Wirtschaft" war ein – im wahrsten Sinne - "regelrechtes" Durcheinander von Modellen und Typen, Versionen und Kaliber, wobei voll funktionstüchtige Stücke die Ausnahme bildeten...
Diesem Treiben und den daraus resultierenden Miss-Ständen machte wohl erstmals der französische und wohl recht liberal-progressive Herzog Philipp II. von Orleans (1674 – 1723; siehe dazu WIKIPEDIA) ein Ende, der 1715 als Vormund des noch minder-jährigen Königs
Ludwig XV. (1710 – 1774) die Regentschaft übernahm und im Jahr 1717 die "Manufacture d'armes de Charleville" mit der Entwicklung eines Einheits-Gewehrs für die
französische Armee beauftragte. Die hier und in enger Kooperation mit den königlichen Manufakturen von Saint-Étienne, Maubeuge und Liège bald serien-mäßig gefertigten Musketen eröffneten als
"Fusil Charleville Modèle 1717" das breite Sortiment standardisierter europäischer Militär-Gewehre. Höhepunkt der Charleville-Serie war das
"Fusil Charleville Modèle 1777", aus dem die diversen Modell-Serien der
AN IX-Reihen für die
"Grande Armée" hervorgingen.
 "Mousquetaires de la garde, Compagnie du Roi" Die legendären Musketiere des französischen Königs, Uniformierung von 1660 bis 1814... (Quelle: ► WIKIPEDIA)
Der Zeit voraus - doch von erheblichen Schwierigkeiten, Verzögerungen und Widerständen bestimmt - war die Entwicklung und Einführung einer Einheits-Muskete in der
russischen Armee, die gleich zu Beginn des
Nordischen Krieges (1700 – 1721) in der katastrophalen Schlacht bei
Narva (30. Juli 1700) eine vernichtende Niederlage gegen die Schweden erlitten hatte, in deren Folge nicht nur ein Großteil der Artillerie verloren gegangen war, sondern auch die verausgabten Feuer-Waffen während des chaotischen Rückzugs einfach weggeworfen oder im Rahmen von Gefangennahmen in Massen erbeutet worden waren. Gerettete Stücke genügten nicht einmal ansatzweise einer halbwegs einheitlichen Bewaffnung; waren entweder veraltet oder derart beschädigt, dass die vorhandenen Kapazitäten auf Jahre mit Reparaturen unterschiedlichster Modelle und Typen beschäftigt gewesen wären, anstatt für den dringend benötigten Ersatz sorgen zu können. Zar Peter I. (1672 - 1725; siehe dazu WIKIPEDIA) nahm diesen Umstand zum Anlass, die in Tula seit Ende des 16. Jahrhunderts ansässigen Rüstungs-Betriebe mit der Entwicklung eines Musketen-Modells beauftragen, das als Muster für die standardisierte Produktion einheitlicher Serien von jährlich mindestens fünfzehntausend Gewehren samt
Bajonett geeignet war. Obwohl noch im selben Jahr die Produktion einer Hand-Feuer-Waffe realisiert werden konnte, die heute als
russische "Muskete Modell Tula 1701" eingeordnet wird und als Beginn der industriellen Waffen-Produktion in Russland gesehen werden kann, wurden diese Bau-Reihe bereits 1710 durch eine verbesserte Serie ersetzt. Da die Mehrheit der russischen Büchsenmacher jedoch die staatlich-genormte Herstellung von Waffen grundsätzlich ablehnte, variierten die Einzel-Stücke beider Modelle mehrheitlich in sämtlichen Maßen und vor allem in den Kaliber-Werten derart, das von einem Einheits-Gewehr noch keine Rede sein konnte. Die Mitglieder der seit 1597 protegierten, mit hohen Privilegien und Steuer-Befreiungen ausgestatten Tulaer Zunft, die sich weder den Weisungen der regionalen Obrigkeit fügen mussten noch zu irgendwelchen feudalen Dienst-Pflichten herangezogen werden konnten, hatten über ein Jahrhundert Waffen nach eigenen Vorstellungen gefertigt und gewinnbringend gehandelt. Für sie gab es keinen Anlass, dieses Geschäfts-Modell aufzugeben. Der einfallsreiche und für seinen Pragmatismus gerühmte Zar Peter, auch bald einer der "Großen", richtete für die Serien-Produktion im Arsenal von Tula eine für damalige Verhältnisse hochmoderne Fabrikations-Stätte ein, die um 1712 den Betrieb aufnahm. Mit Dekret von 1715 traten dann eine ganze Reihe von detaillierten Vorgaben für die Herstellung von Waffen und konkreten Bestimmungen für die Bewaffnung der regulären russischen Armee in Kraft. Als Muster der für die Infanterie zu fertigen Musketen wurde eine etwas kürzere und somit leichtere Version der preussischen "Henoul-Flinte" bestimmt. Gefertigt und eingeführt wurde dieses Gewehr unter der Bezeichnung
"Modell 1717".
Das Erfolgs-Modell der französischen Gewehr-Fabrik hatte König Friedrich Wilhelm I. von Preussen (1688 - 1740) innerhalb von fünf Jahren kopiert: Mit Datum vom 31. März 1722 unterzeichnete der für seinen Geiz berühmt gewordenen "Soldaten-König" einen Vertrag mit der von ihm geförderten und gerade eröffneten "Königlich Preussischen Gewehrfabrique zu Potsdam", der u.a. die Herstellung und Lieferung von jährlich sechstausend "Flinten nach lütticher Art" (siehe dazu Infanterie-Gewehr M 1723) für die
preussische Armee zum Inhalt hatte. Neu an diesem Vertrags-Werk waren konkrete, mit "preussischer Akribie" gelistete Vorgaben zu Kaliber, Lauf- und Gesamt-Länge samt Orientierungen zum Gewicht von Lauf und Waffe und Anmerkungen zu dem zu liefernden technischem Zubehör samt Bajonett. Gleich der französischen Muskete sollten auch die zu verbauenden Feuer-Stein-Schlösser seriell nach einem "vorliegenden Muster" gefertigt werden. Die Reform führte zum Ergebnis, dass die gesamte preussische Infanterie innerhalb weniger Jahre einheitlich mit einem seriell und somit relativ kosten-günstig gefertigten, robusten und vergleichsweise zuverlässigen Infanterie-Gewehr bewaffnet werden konnte, dessen Teile untereinander austauschbar waren und das – abgesehen von diversen kleineren optischen und technischen Modifikationen – bis 1801 als Standard-Waffe getragen wurde. Modifikationen auf der Basis dieses Gewehr-Modells brachten u.a. die Karabiner für die Kavallerie hervor (siehe dazu Kavallerie-Karabiner M 1726), deren Schlösser wiederum weitestgehend mit den
Pistolen kompatibel waren.
Parallel mit dem preussischen Gewehr von 1723 kam in der
britischen Armee ein Musketen-Modell auf, das innerhalb weniger Jahre unter der volkstümlichen Bezeichnung
"Brown Bess" welt-weit populär wurde. Entwickelt wurde der Proto-Typ dieser Muskete mit großer Wahrscheinlichkeit von der im Tower of London etablierten "Tower Armories", der königlichen Waffen-Kammer und Schmiede-Stätte, die direkt dem
"Board of Ordnance" (das Rüstungs-Amt des Königs) unterstellt war. Serienreif war die Waffe im Jahr 1722, doch wurde die Massen-Produktion anfänglich von erheblichen Schwierigkeiten behindert: Schon mit Datum vom 15. September 1714 hatte das königliche "Board of Ordnance" ein Dokument veröffentlicht, das in erster Hinsicht an die Regiments-Kommandeure gerichtet war, jedoch direkte Folgen für die stolzen englischen Plattner, Schwert-Schmiede und vor allem Büchsenmacher hatte, denn das Skript fixierte relativ strenge qualitative und quantitative Vorgaben für die Bewaffnung der "Soldaten ihrer Majestät", insbesondere für die Infanterie-Musketen, die hier erstmals als "Land Pattern Muskets" bezeichnet wurden. Mit den neuerlichen Bestimmungen des Jahres 1722 wurden bis dahin noch hinnehmbare Spiel-Räume bzw. noch akzeptable Toleranzen ausgeschlossen. Und mit dem Muster der
"Land Pattern Musket M 1722" lag ein handfestes Exemplar vor, an denen sich sämtliche frei gefertigten Musketen vergleichen und messen lassen mussten. Die Herstellung von Waffen für die Armee hatte von nun an nach fest bestimmten Vorgaben und unter der strengen Aufsicht des "Board of Ordnance" zu erfolgen, das insbesondere die Feuer-Waffen einer unbestechlichen Prüfung unterzog. Die Londoner Büchsenmacher, die die Unabhängigkeit ihrer Zunft und die damit verbundenen Privilegien bedroht sahen und befürchteten, letztendlich nur noch nach Vorgabe und unter Aufsicht des königlichen Rüstungs-Amtes produzieren zu müssen, schlossen sich zur Wahrung ihrer Interessen zur "London Gunmakers´ Company" zusammen. Unbeabsichtigt schufen die Handwerks-Betriebe mit ihrer Vereinigung jedoch die wichtigste Voraussetzung für die Massen-Produktion eines qualitativ hochwertigen Produkts: Eine Dach-Organisation, mit der ein Marken-Produkt geschaffen werden konnte. Das anfänglich als "Tower-Muskets" bezeichneten Gewehre wurden bis 1838 in diversen Lang- und Kurz-, Marine-, Export- und limitierten Garde-Versionen gefertigt. Die strengen Fertigungs-Normen samt den damit verbundenen Prüfungs- und Qualitäts-Kriterien prägten nicht nur den guten Ruf sämtlicher "Brown Bess"-Serien bzw. deren Hersteller, sondern trugen auch entscheidend zur Entwicklung und zum geschäftlichen Erfolg der britischen Industrie bei. So führte bspw. die preussische Landwehr noch lange nach 1848 Tausende Exemplare, die bereits schon in den
Befreiungs-Kriegen von 1813 zum Einsatz gekommen waren. Zahlreiche bereits ausgemusterte Modelle der bis 1854 produzierten Bau-Reihen wurden noch während des amerikanischen Bürgerkrieges (1861 – 1865) modernisiert und an die von Großbritannien unterstützten Südstaaten-Milizen geliefert.
Mit Reskript vom 28. September 1728 und nach Vorbild des preussischen Nachbarn befahl auch Kurfürst
Friedrich August I. von Sachsen, seit 1697 als August II. auch König von Polen, die einheitliche Bewaffnung der sächsischen Armee. Als Proto-Typ der ersten sächsischen Einheits-Muskete wurde ein Gewehr bestimmt, das u.a. bereits in Sachsen in relativ kleinen Auflagen für die
österreichische Armee hergestellt worden war: Die nach dem Vorbild des französischen "Fusil Charleville Modèle 1717" gefertigte "ordinäre Flinte" (siehe
österreichische "Comiss-Flinte M 1722") wurde zum "Suhler Muster" deklariert und Vorlage des sächsischen Infanterie-Gewehrs M 1729. Rund fünfzehntausend Musketen für die Infanterie, über fünftausend Karabiner für die Kavallerie und über sechstausend Pistolen sollten bis zum Ende des Jahres 1729 produziert und an die sächsische Armee ausgeliefert werden. Ergänzt wurde der Auftrag noch um knapp tausend Büchsen. Mit den Werk-Stätten der berühmten "Suhler Innung" und den Hammer-Schmieden u.a. in Sömmerda und Eisenach, Olbernhau und Gotha verfügte Sachsen zwar über eine Vielzahl namhafter Meister samt gut ausgestatteten Rüstungs-Betrieben und Gießereien, doch die kurfürstliche Forderung, binnen Jahres-Frist rund fünfundzwanzigtausend Feuer-Waffen aller Art und höchster Güte zu fertigen, stand weit über allen Kapazitäten sämtlicher sächsischer Rohr-Schmiede, Schlosser, Schäfter und Büchsenmacher. Der Auftrag wurde zwar erfüllt, doch entsprachen beinahe sämtliche Waffen "nicht allenthalben den gerechten Anforderungen".
Im Jahr 1794 beschloss der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika, die von den einzelnen Bundes-Staaten im Kriegs-Fall zu stellenden Miliz-Truppen künftig auf Kosten des Bundes mit Waffen aus landes-eigner Produktion auszurüsten. Dieser Entscheidung vorausgegangen war eine Inspektion sämtlicher Arsenale und Depots, die mit dem Ergebnis abschloss, dass beinahe sämtliche verfügbaren Feuer-Waffen entweder veraltet, infolge der Beanspruchungen im
amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775 - 1783) verschlissen oder aufgrund mangelnder Pflege und Sorgfalt nicht mehr funktionssicher waren. Darüber hinaus waren durch Korruption, Plünderungen und Diebstähle oder durch die vielfach dokumentierte Auffassung der Freiwilligen, dass die ihnen ausgehändigten Waffen selbstverständlich als Eigentum zu betrachten waren, unzählige Fehl-Bestände registriert worden, die angesichts der währenden Unruhen an den kanadischen und indianischen Grenzen umgehend aufgefüllt werden mussten (siehe dazu auch Indianer-Kriege). Als Standort für die neue Waffen-Fabrik wurde das im Jahr 1777 von General
George Washington (1732 – 1799) in der Stadt Springfield (Bundes-Staat Massachusetts) angelegte Arsenal der "Continental-Army", dem Vorläufer der
US-Army, bestimmt, das bereits über
Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Pulver-Depots und
Kasernen-Anlagen und Reparatur-Werkstätten verfügte und mit der Lage an den dicht bewaldeten Ufern des Conneticut-River beste Voraussetzungen für Säge-Werke und Schmiede-Stätten bot. Bereits 1795 waren die ersten Anlagen fertig gestellt und begannen noch im selben Jahr mit der Produktion einer ersten Serie von siebentausend Infanterie-Gewehren, die anfänglich als "U.S. Flintlock Musket" bezeichnet -, bald jedoch unter dem Namen
"Springfield Model 1795 Musket" bekannt wurden. Vorbild dieses Gewehrs war das in Frankreich hergestellte und an die amerikanische Revolutions-Armee gelieferte
"Fusil Charleville Modèle 1763/66".
Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren beinahe alle größeren europäischen Armeen mit – mehr oder weniger – seriell gefertigten Feuer-Waffen bewaffnet oder hatten zumindest Handels- oder Bündnis-Partner gewonnen bzw. Bezugs-Quellen erschlossen, mit denen ein gewisser einheitlicher Standard in der Bewaffnung innerhalb der Truppe gewährleistet werden konnte. Die renommierten Waffen-Schmieden und Büchsenmacher-Stätten, die in der Regel Einzel-Stücke oder Kleinst-Serien individuell nach Kunden-Wunsch gefertigt hatten, waren entweder in den expandierenden königlichen Rüstungs-Fabriken aufgegangen oder hatten sich als Zulieferer auf die Herstellung wichtiger bzw. technisch anspruchsvoller Komponenten spezialisiert. Nur wenigen Meister-Betriebe war es gelungen, ihre Unabhängigkeit zu bewahren und sich der fortschreitenden Industrialisierung durch die Anfertigung qualitativ hochwertiger Einzel-Stücke für einen besonders zahlungskräftigen oder elitären Kunden-Stamm abzugrenzen (genant sein hier bspw. die Hersteller der legendären
"Pennsylvania- bzw. Kentucky-Long-Rifles", hochwertige Waffen, die aufgrund ihrer mehrheitlich gezogenen Läufe jedoch den Büchsen zugeordnet werden) oder durch innovative Neuerungen selbst zu einem industriellen Geschäfts-Betrieb größeren Maßstabs aufzusteigen (erwähnt sei hier bsph. der im Jahr 1751 in Suhl gegründete Familien-Betrieb "Sauer & Sohn"; heute SIG-Sauer GmbH; siehe dazu WIKIPEDIA, bsph. aber auch Schmeisser, Haenel oder Simson).
Die Vorteile der industriellen Serien-Fertigung machten es möglich, diverse Einheiten mit Gewehren gleichen Modells und genormten Kalibers auszurüsten, womit sich die Muskete ab dem 18. Jahrhundert als Haupt- oder Standard-Bewaffnung für die Infanterie durchgesetzt hatte und hauptsächlich im exerzierten
Salven- oder sogenannten
Peloton-Feuer zum Einsatz kam. Als Waffe für den gezielten Schuss waren Musketen aufgrund der glatten Läufe nur auf kurze Distanz und somit bedingt brauchbar; für
Scharf-Schützen jedoch absolut ungeeignet.
Mit dem Aufkommen und der Verbreitung des Spund-Bajonetts in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und der bald folgenden Modifikation zum Tüllen- oder Dillen-Bajonett war die Muskete auch als langschäftige Stich-Waffe für das Bajonett-Fechten geeignet und machte somit die diversen Waffen-Gattungen der Stangen-Waffen-Träger überflüssig, deren Aufgabe bis dato die Deckung der Schützen während des Lade-Vorgangs bzw. der eigentliche
Sturm-Angriff war. Ausgehend von den Musketieren kamen eine Reihe neuer Waffen-Gattungen auf, die die Muskete neben den als Unter- oder
Seiten-Gewehr bezeichneten Blank-Waffen von nun an als Feuer- oder Ober-Gewehr trugen.
Genannt sein hier bei der Infanterie:
Der Karabiner als kürzere Version bei der Kavallerie:
Bemerkenswert ist, dass ausgewählte Kavalleristen gleich den Jägern zu Fuß oder zu Pferd anstelle von Karabinern mit Büchsen oder Stutzen bewaffnet waren.
Mit dem im Jahr 1807 von Alexander John Forsyth (1769 – 1843) in den "Tower Armories" entwickelten Perkussions-Schloss und des im Jahr 1818 von Joseph Egg (1775 - 1837) erfundenen Zünd-Hütchens (auch Zünd-Kapsel) zur Unterbringung des empfindlichen Zünd-Stoffes (u.a. Knall-Quecksilber) wurde der Höhe-Punkt der Schnapp-Schlösser erreicht und gleichsam das Optimum der Vorderlader-Waffen eingeleitet. Der Mechanismus, der nicht nur weitaus einfacher und schneller zu bedienen war als das Feuerstein-Schloss, funktionierte auch weitaus zuverlässiger und schirmte darüber hinaus das Zünd-Loch bzw. die Schwarzpulver-Ladung weitestgehend gegen eindringende Feuchtigkeit ab. Erstaunlicherweise setzte sich die Erfindung in Großbritannien nur sehr langsam und unter großen Schwierigkeiten durch; das Schloss wurde erst ab den
"Brown Bess" Modell-Reihen M 1839 seriell verbaut. Frankreich nutzte eine "raub-kopierte" Version bereits mit dem
Fusil d'Infanterie de Modèle 1822. Preussen, das ebenfalls im Jahr 1839 damit begonnen hatte, das preussische Infanterie-Gewehr M 1809 mit Perkussions-Schlössern umzurüsten, bereitete zu dieser Zeit bereits insgeheim die Massen-Produktion eines vollkommen neu-artigen Gewehr-Modells vor: Das ab 1827 von Johann Nikolaus Dreyse (1787 – 1867) entwickelte und ab 1840 im thüringischen Sömerda produzierte
Zündnadel-Gewehr war der erste praxis-taugliche
Hinterlader mit zündender
Patronen-Munition, Zylinder-Verschluss und einem gezogenen Lauf aus Guss-Stahl und wird in der militär-historischen Betrachtung als technischer Nachfolger der Muskete und erstes modernes Armee-Gewehr eingeordnet.
Musketen aus drei Jahrhunderten (Montage); von oben nach unten: ♦ deutsche Radschloss-Muskete um 1600 ♦ Lütticher Steinschloss-Muskete um 1700 ♦ amerikanische "Long-Rifle" um 1730 (mehrhtl. Büchsen) ♦ preussische Steinschloss-Muskete M 1740 ("Kuhfuß") ♦ französische Steinschloss-Muskete Charleville M 1777 ♦ französische Steinschloss-Muskete Charleville corrigé AN IX ♦ englische Steinschloss-Muskete "India-Pattern 1797" ♦ russische Steinschloss-Muskete M 1808 ♦ preussische Steinschloss-Muskete M 1809 ("neupreussische") ♦ französische Perkussions-Muskete M 1822T ♦ englische Perkussions-Muskete P 1853 (Enfield Rifle-Musket) (Quellen u.a.: ► WIKIPEDIA, ► Hermann Historica, München)
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Abmessungen, Angaben und Beschreibungen zu Modellen aus dieser Zeit variieren auf Grund der Vielzahl von Typen in der Art, dass vergleichende Daten hier zu weit führen würden.
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Hersteller-Angaben |
Entwickler: |
Spanien, Frankreich, England |
Hersteller: |
europa-weit |
Produktionszeit: |
16. bis 19. Jahrhundert |
produzierte Stückzahl: |
keine Angaben |
Verbreitung: |
europa-weit
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Kategorisierung (allg.): |
siehe oben
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technische Angaben |
Gesamtlänge: |
zwischen 1.400 und 2.000 mm |
Lauflänge: |
zwischen 1.200 und 1.700 mm |
Kaliber: |
zwischen 15 und 30 mm |
Gewicht: |
zwischen 5 bis 10 kg |
Kadenz: |
2 bis 3 Schuss pro Minute |
Schaft: |
i.d.R. Nussbaum-Vollschaft auch Buche |
Kimme und Korn: |
mehrheitlich vorhanden
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Ansichts-Exemplar |
Sammlung: |
Waffenmuseum Suhl
Heeresgeschichtlichen Museum, Wien
Schweizer Schützenmuseum, Bern
Deutsches Historisches Museum, Berlin
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Detail-Ansicht: englisches Feuerstein-Schloss, "Brown Bess" (Long Land Pattern 1728)
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