Über die Zahl der von Knötel, Röchling, Krickel u.a. deutschen Militär-Malern illustrierten Regiments-Geschichten und Jubiläums-Ausgaben gibt es keine Angaben; die Künstler lebten in einer Zeit, die vom militärischen Geist bestimmt wurde: National war das König-Reich Preussen auf dem Höhe-Punkt seiner Geschichte angekommen; hatte Deutschland geeint und stellte mit der Person des Kaisers die Vormacht im Reich; international war Preussen in seiner 200-jährigen Geschichte vom belächelten Klein-Staat zu einer europäischen Groß-Macht aufgestiegen und forderte um 1900 seinen "Platz an der Sonne", den die im Bau befindliche Hochsee-Flotte erkämpfen sollte. Der Sieg über Frankreich im Jahr 1871 – insbesondere die von Frankreich zu zahlenden Reparationen in Höhe von fünf Milliarden Gold-Francs (heute mehr als 162 Milliarden €uro) – hatten dem Deutschen Reich einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, der als sog. "Gründer-Zeit" in die Geschichte einging.
Man war stolz auf die Armee des Deutschen Kaiser-Reiches, die einfach als "Heer" bezeichnet wurde.
Infolge des Untergangs der alten preussischen Armee, die nach der Katastrophe von 1806 und dem Friedens-Vertrag von Tilsit von 1807 der Auflösung verfallen war, kam es zu zahl-reichen Neu-Errichtungen. Und obwohl viele der Regimenter, die zwischen 1807 und 1815 formiert worden waren, die Traditionen ihrer vorher-gehenden Stamm-Truppen übernommen hatten, standen viele Einheiten ab dem Jahr 1907 vor ihrem 100-jährigen Jubiläum. Dazu gehörte auch das mit A.K.O. vom 24. Januar 1807 in Memel gebildete 1te Garde-Regiment zu Fuß.
Grund genug für die Erstellung von Gedenk-Ausgaben, die – prächtig illustriert – die Geschichte der jeweiligen Einheit im Glanz von Ruhm und Ehre erstrahlen lassen sollten. Auch waren Werke dieser Art – qualitativ hoch-wertig produziert – unter den Offizieren, für Reservisten oder Veteranen beliebte Präsente.
Die hier vorliegende "Chronik des ersten Garde-Regiments zu Fuß" ist für diese Art militärischer Gedenk-Bücher ein anschauliches Beispiel. Die "Im Auftrage des Regiments…" erstellte Ausgabe erschien lt. »Börsenblatt für den deutschen Buchhandel« vom 04. Juni 1902 in zwei Versionen; die Folio-Ausgabe mit 26 Seiten (13 Einzel-Blätter mit Titel und 12 Chromo-Lithografien von Gemälden der renommierten Schlachten-Maler und Uniformen-Kundler Richard Knötel und Carl Röchling) und eine 32-seitige Version (wohl in Einband-Bindung), die auch eine Kurz-Geschichte des Regiments und seiner Stamm-Truppen von 1675 bis 1900 in Form von drei Stamm-Tafeln enthielt. Beide Versionen wurden von dem in Berlin ansässigen Verlag Martin Oldenbourg im Format 41 x 31 cm veröffentlicht (ein Nachdruck mit 70 Text-Seiten wurde um das Jahr 2000 von der Saarbrückener Edition »Fines Mundi GmbH« im gebundenen Quer-Format angeboten). Reproduktionen der hier vorgestellten Kriegs- und Schlachten-Gemälde der beiden geschäfts-tüchtigen und auch privat eng miteinander befreundeten Maler – für ihr Schaffen in dem unter "wahren Künstlern" verachteten jedoch lukrativen Genre der Militär-Malerei von der Preussischen Akademie der Künste mit einer Professur ausgezeichnet – sind u.a. auch in den Werken
"Die deutschen Befreiungskriege 1806 - 1815" oder
"Unser Vaterland in Waffen" enthalten.
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