1923 war es dem österreichischen, in Berlin und Hamburg aktiven Tabak-Händler und Zigaretten-Fabrikanten David Schnur gelungen, die gesamte Ernte des in Bulgarien angebauten Orient-Tabaks günstig aufzukaufen und langfristige Options-Verträge für die zukünftigen Ernten auszuhandeln. Diese vorteilhaften Verträge -, seine Kontakte innerhalb der Branche – insbesondere seine Freundschaft mit der Familie Reemtsma, seit 1910 Besitzer einer kleinen Zigaretten-Fabrik in Erfurt und Entwickler einer Maschine zur Zigaretten-Produktion, die die Leistung der bis dahin bevorzugten amerikanischen Modelle übertraf – führten zur Idee, eine Gesellschaft zu gründen, die das Potential hatte, nicht nur den Tabak-Handel in Deutschland zu dominieren, sondern auch zum größten deutschen Zigaretten-Hersteller expandieren zu können.
Noch im gleichen Jahr kaufte Philipp Reemtsma im Hamburger Stadt-Teil Altona-Bahrenfeld das gesamte Areal einer ehemaligen Artillerie-Kaserne, die infolge der Versailler Verträge komplett geräumt worden war -, deren Bauten aber beste Voraussetzungen für eine industrielle Nutzung boten.
Anfang 1924 wurde die noch heute angebotene Zigaretten-Marke »Ernte 23« eingeführt.
Die effektive Produktion -, die Qualität der Tabak-Mischung -, vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis der Einzel-Packung, machten die Marke innerhalb kürzester Zeit zu einem typischen Lifestyle-Produkt der "Goldenen Zwanziger". Der wirtschaftliche Erfolg und die damit einhergehenden Gewinne ermöglichten der Kooperative eine außerordentlich rasante Expansion: Etablierte Zigaretten-Hersteller wie Manoli und Josetti (Berlin) oder Delta und Jasmatzi (Dresden), Constantin (Hannover) und Waldorf-Astoria (Stuttgart) wurden übernommen. Mit der im Jahr 1929 beginnenden Wirtschafts-Krise geriet auch das Haus Neuerburg, größter und letzter Konkurrent Reemtsmas, in finanzielle Schwierigkeiten; wurde 1930 Partner und 1935 komplett eingegliedert, womit Reemtsma zum Markt-Führer der deutschen Tabak-Industrie aufgestiegen war und ab 1936 begann, die europäischen Konkurrenten ins Visier zu nehmen.
Der Niederlassung in Altona-Bahrenfeld folgte um 1924/25 die Gründung des "Cigaretten-Bilderdienstes Altona-Bahrenfeld", der sich augenscheinlich als unabhängige Verlags-Gesellschaft für Sammel-Bildchen aller Art und für diverse Branchen präsentierte, indirekt aber die expansive Unternehmens-Strategie unterstützte: Die attraktivsten und entsprechend begehrtesten Sammel-Serien legten Schnur und Reemtsma ihren Zigaretten-Schachteln bei. Noch heute sind die insgesamt 16 Bände, die zwischen 1926 und 1942 erschienen und jeweils 240 Einzel-Bilder mit Motiven aus den Rubriken Flora und Fauna, Kunst und Kultur, Politik und Gesellschaft etc. beinhalten, beliebte Sammler-Stücke.
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